vague.

Samstag, 1. Oktober 2011

23. The sheer ecstasy of being a lunatic father.

Mein schönes Kind, es wühlt sich hinein in mich und windet sich und schreit die Luft an, und dann schläft es doch. Es ist eine Willmaschine, will das iPad haben und meine Hand aufessen und heult mich an, wenn meine Hand nicht will. Es will mich in die Nase beißen und in die Augen stechen und Karottenbrei und Weißwurst, kommt alles wieder raus. Mein Kind wächst jeden Tag, bald ist es zweieinhalb Meter lang, aber jetzt ist es noch ein Zwerg. Mein schönes Kind schaut mir tief in die Augen und dann kackt sie los, wann hast du das je, dass eine dir tief in die Augen schaut und dabei kackt, da kommen sicher noch Sitten rein stattdessen. Mein schönes Kind streckt die Zunge raus, wenn es sich konzentriert, es ist eine schöne kleine schnelle Kolibrizunge, die Sabberfäden zieht, und leckt ganz schnell alles rein, alles meins. Sie verschlingt Papier, verschlingt Wollmäuse, verschlingt Flusen, dann guck ich in ihren Mund und pule es wieder raus, ich bin der Filter für ihren Mund, das kann rein und das lieber nicht. Meinem schönen Kind gehört alles unter einem Meter Höhe, hat keinen Sinn, zu hoffen, sie kriegt es nicht. Sie kriegt es doch. Sie hat den Musil, den Kluge, den Frisch, den Gadda, den Hölderlin, den Proust aus dem Regal gezogen, sie sitzt in Prousthaufen und lacht sich schlapp, sie reißt sich Musilseiten raus und steckt sie in den Mund, ach Fännfänn, sag ich, das schmeckt doch nicht. Mein schönes Kind ist ein Mädchen, was ist es denn, wollen die Leute wissen, ist es ein Junge, ist es ein Mädchen, ein Mädchen sagen wir, als ob daraus etwas folgen würde. Sagen sie eher SÜSS, wenn es ein Mädchen ist? Sagen sie eher TOLL, GROSS, STARK, WEIT, wenn es ein Junge ist? Die Wahrnehmungs-Werkseinstellung lautet immer noch: Junge, ER-Pronomen, wie heißt er denn?, nie: wie heißt sie denn? Mein schönes Kind rollt sich, dass ich sage: du Rollmops, es windet sich, dass ich sage: du Schlange, es grunzt beim Speed-Krabbeln, weil es sich so freut, dass ich sag: du Ferkel. Wo kommen die Tiere alle her, warum schenke ich ihm lauter Tiere, das Krokodil, den Fisch, den Affen, die Bobobücher mit der Fuchsfamilie, das iPad-Wimmelbuch mit dem Pupsschwein, dem Salatklaureh, den Elefanten? Die Liebe zu einem Kind ist, dass du ihm Tiere gibst, als dächtest du: das sind seine Freunde. Und wann gewöhnst du dir das wieder ab, sind die die Tiere wieder nur etwas, in dessen totes Fleisch du deine Zähne schlägst? Mein schönes Kind ist ein Quengel, ein Schrei, ein Wimmer, ein Dadada und Gagaga, wie lieb ich das. Es spuckt mir auf das T-Shirt langt mir an den Mund zerrt an meiner Lippe schnappt sich meine Brille stochert mir ins Auge patscht mir in mein Essen patscht trommelt auf meiner Brust. Mein schönes Kind macht mir ein schwarzes Herz, ich mag’s nicht leiden, dass es groß wird, es hat schon eine Steuernummer und einen Reisepass mit Passfoto und eine IDENTITÄT und eine STAATSANGEHÖRIGKEIT und ein Aktenzeichen und einen Kita-Gitschein und eine Biometrie, das lassen sie sich doch nicht nehmen, da langen sie gleich zu, das ist eben so, und ich kann nichts machen dagegen, aber jetzt ist noch gut. KRAPPKRAPP sag ich, KRAPPKRAPP.

Sie sind nicht angemeldet